Katechese von Bruder Alberto Onofri am 18. Dezember 2016 – Das Gebet in der FGBhier als pdf zum Download

Liebe Brüder u. Schwestern,

Vielen herzlichen Dank für eure Teilnahme an unserer Katechese über das Gebet in der Franziskanischen Gemeinschaft von Betanien (FGB): Zeitverlust oder Prophetie?

Ich möchte mit einem Zitat von Pater Pancrazio beginnen, das großartig ist:

„Das Gebet im Heiligen Geist ist das einzig wahre Gebet. Es war der Geist, der die Anachoreten (die Einsiedler) in die Wüste und Franziskus von Assisi auf die Straßen mit seinen Gefährten geführt hat, die Herrlichkeit Gottes zu preisen und zu besingen. Denn der Geist ist einzig einer. […] In wenigen Worten ist das Gebet ein Mittel, um bei dem einzigen Ziel anzukommen, das die Liebe ist.“ (III. Treffen der Leiter (Oberer) und der Vikare und Vikarinnen, Terlizzi 19. – 23. November 2007)

Wir schauen uns die Gliederung der Katechese an:

  1. Warum sollen wir beten und was ist das Gebet?
  2. Welche Funktion hat das Gebet in der FGB? Welchen Platz hat das Gebet in der FGB?
  3. Die verschiedenen Formen des Gebetes in der FGB
  4. Die Gebete im Tagesablauf bei der FGB und der Sinn der Teilnahme der Laien an unseren Gebeten

1.    Warum sollen wir beten und was ist das Gebet? (KKK 2558-2751)

Wir beginnen mit der zweiten Frage. Was für eine Aktivität ist das Gebet? Worin besteht es? Wenn wir verstehen, was das Gebet ist, wird uns ganz klar, warum wir beten sollen.

Wenn wir über das Gebet reden, sofort kommt die Idee, dass es unheimlich langweilig ist. Unsere Vorstellung wird bald von der Idee gefangen, dass das Gebet die Gebete ist. Ich meine damit eine lange Zeit, in der wir viele lange Gebete vorlesen oder auswendig sprechen.

Unser Vater Franziskus von Assisi hat uns einen anderen Weg des Gebetes gezeigt: „Wenn er aber in Wäldern und einsamen Orten betete, erfüllte er das Gehölz mit Seufzen, netzte den Boden mit Tränen, schlug sich mit der Hand die Brust“ (Celano 2. Lebensb. K.61. n.95) und an anderer Stelle  sagt Thomas von Celano:

„Oft betete er, ohne die Lippen zu bewegen, in seinem Innern. Alles Äußere wusste er nach innen zu kehren, um dann seinen Geist davon ab – und nach oben zu lenken. All sein geistiges Schauen und sein ganzes Gemüt richtete er so einzig und allein auf das Eine, das er vom Herrn begehrte. Der ganze Mensch war nicht so sehr Beter als vielmehr selbst Gebet geworden“. (Celano 2 Lebensb. K. 61 94-95)

Ich möchte euch auch die Hl. Theresia vom Kinde Jesu zitieren: „Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens, ein schlichter Blick zum Himmel, ein Ausruf der Dankbarkeit und Liebe inmitten der Prüfung und inmitten der Freude.“ (Theresia vom Kinde Jesu, ms. autob. C 25r)

Das Gebet ist mehr eine Sache des Herzens als des Verstandes.

Die Heiligen lehren uns, wie das Gebet sein sollte. Das Gebet betrifft den ganzen Menschen, nicht nur unsere Einsicht, unseren Verstand, sondern auch die Dimension des Herzens. Was bedeutet es? Es geht um die Begegnung mit und die Beziehung zu Gott und insbesondere zu Jesus. Das Gebet ist ein geistlicher Raum, in den wir mit Jesus ganz hineingezogen sind.

Pater Pancrazio schreibt: „Das Gebet ist der erste Pfeiler. Denkt nicht, dass ausschließlich das Gebet grundlegend sei und die anderen Pfeiler nicht, aber das Gebet ist vor den anderen, weil alles mit dem Gebet beginnt, das Gebet geht den anderen beiden voran und gewissermaßen erzeugt es sie auch“ (p. 133) und noch weiter erklärt er: „Das persönliche Gebet ist die individuelle Intimität eines jeden mit seinem Geliebten Herrn. Es ist die unabdingbare Nahrung, um das Feuer der Liebe in uns zu nähren und pflegen, Feuer, das sonst dazu bestimmt ist, zu Lauheit und Schwere zu verfallen. Das Gebet ist, in seiner gemeinschaftlichen wie in der persönlichen Dimension, das Gerüst unserer Spiritualität, wie es letztlich das Gerüst für jede authentische christliche Erfahrung ist“ (p.135).

Es ist ganz klar, was Pater Pancrazio beschreibt. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit ihm, in dem er mir sagte: Alberto, wenn du vor dem Allerheiligsten betest, bete von ganzem Herzen!

Die individuelle Intimität ist etwas, das sich in unserer Tiefe findet. Oft höre ich die Personen, die mir sagen: Ich war zerstreut im Gebet. Und meine Frage wäre: Ok, Ihr Kopf war abgelenkt aber wo war ihr Herz? Oft kann es passieren, dass wir zerstreut sind, aber das Herz dabei ist. Wenn das Gebet eine Beziehung zu Jesus ist, soll unser Herz durch unseren Willen dabei sein. Wir sollten uns sagen: „Jesus du siehst, dass ich ständig zerstreut bin, aber ich will mit und bei dir sein. Wir sollten unser Herz erziehen, damit es bei den Schwierigkeiten unseres Verstandes oder unserer schlechten Gefühle mit und bei  Jesus bleiben kann. Die Liebe Jesu zu uns und unsere Liebe zu ihm sollten stärker als die Hindernisse unseres Verstands sein.

Es ist völlig klar, dass das Gebet kein sekundärer Aspekt des Lebens des Gläubigen ist. Wir reden von der wichtigsten Beziehung unseres Lebens. Aber ich frage mich und euch alle: wann sollen wir beten? Jesu Antwort ist ganz klar im Lukas Evangelium: „Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten. In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt. Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen“ (Lk 18, 1-8).

Liebe Brüder und Schwestern: ALLEZEIT BETEN UND DARIN NICHT NACHLASSEN. Und dem fügte der Herr hinzu: Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen“ (!!!)

Wer von uns hat schon probiert, ohne Pause bzw. ALLEZEIT zu beten? Wer die Erfahrung gemacht hat, wer den Versuch unternommen hat, kann sagen: von  meiner Seite ist es unmöglich. Es gibt verschiedene Heilige, die erklärt haben, worum es geht. Um allezeit beten zu können, sollen wir mit Jesus zusammenarbeiten. Wir haben schon oft gesagt, dass Jesus durch die Taufe und die Firmung in uns lebt. Und Jesus schenkt uns seinen Heiligen Geist. Paulus schreibt an die Römer: „Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater! So bezeugt der Geist selber unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. […] So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können. Und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was die Absicht des Geistes ist: Er tritt so, wie Gott es will, für die Heiligen ein“. (Röm 8, 15-16, 26-27)

Wir sollten lernen, Raum für den Heiligen Geist in uns zu schaffen. Wir sollen lernen zu sagen: ich will deinen Willen tun, nicht meinen. Es ist einfach so: Wenn ich Jesus liebe, will ich tun, was er möchte, nichts anders!

Das ständige Gebet sollte von dem brennenden Wünsch nach Jesus und nach seiner Liebe erfüllt sein. Der Hl. Augustinus hat gesagt, dass das ständige Gebet einfach eine unendliche Sehnsucht nach Gott ist.

Ich möchte jetzt nochmals Pater Pancrazio zitieren, wenn er über das Gebet in unserem Charisma spricht.

„Das Gebet ist der erste Pfeiler. Denkt nicht, dass ausschließlich das Gebet grundlegend sei und die anderen Pfeiler nicht, aber das Gebet ist vor den anderen, weil alles mit dem Gebet beginnt, das Gebet geht den anderen beiden voran und gewissermaßen erzeugt es sie auch.“

Der Gedanke des Pater Pancrazio ist für uns ganz klar. Wir dürfen als Ordensinstitut nie vom Gebet ablassen. Das Gebet ist die erste Eigenschaft unserer Gemeinschaft. Wir könnten tausende Werke der Barmherzigkeit tun, aber ohne das Gebet wäre alles nutzlos und unwirksam. Und jetzt werden wir sehen, warum.

2.    Welche Funktion hat das Gebet in der FGB?  Welchen Platz hat das Gebet in der FGB?

Was ist das Gebet für die Gemeinschaft? „Liebe Brüder und Schwestern, vergessen wir nicht die Worte des Meisters Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Deswegen ist das Gemeinschaftsgebet die Gewährleistung für die Gegenwart Jesu, und daher besitzt sie eine höhere Kraft, um die notwendigen Gnaden zu erbitten. Schützen wir uns vor der Versuchung, sie zu unterschätzen, oder noch schlimmer, sie zu mindern.“ Ja Pater Pancrazio trifft ins Schwarze! Das Gemeinschaftsgebet ist die sicherste Begegnung mit Jesus. Es gibt keine wichtigste Gebetsform. Das Gebet, das wir zusammen mit unserem Herzen, mit unserem Verstand und auch mit unserer Stimme gemeinsam sprechen, bringt den Herrn Jesus Christus, den Auferstandenen, mitten unter uns.

Wir wollen jetzt richtig verstehen, welche Funktion das Gebet und insbesondere die Heilige Messe haben. Pater Pancrazio schreibt: „Das Gemeinschaftsgebet ist ein bevorzugter Augenblick. Es ist genau genommen in all diesen enthalten, besonders aber in der Gemeinschaftsmesse, wo sich alle Mitglieder der Fraternità versammeln, um gemeinsam Eucharistie zu feiern, so dass die Gemeinschaft errichtet wird.“ Genauso ist es: dass die Gemeinschaft durch die Heilige Messe die Gemeinschaft errichtet wird. Heute denken wir oft daran, dass die Mitglieder einer Gruppe einander sympathisch und untereinander harmonisch sein sollen, um zu funktionieren. Pater Pancrazio schreibt aber anders: die Begegnung mit dem Geheimnis, insbesondere in der Heiligen Messe, errichtet eine Gemeinschaft. Natürlich sind wir auf einer anderen Ebene gelandet. Die Gemeinschaft steht unter dem Überblick der Gabe Gottes. Der Heilige Geist wird gesendet, um die Kirche als Gemeinde und Gemeinschaft aufzubauen. Vom Inneren des Herzens wird der Heilige Geist den Mitgliedern Gemeinschaft schenken. Das ist natürlich kein passivisches Werk. In Wirklichkeit sollen die Mitglieder auch mit dem Heiligen Geist zusammenarbeiten. Aber das Werk Gottes, d. h. das Gebet, hat in seinen verschiedenen Gestalten einen zentralen Punkt im Leben der Gemeinschaft. „Denn die Gemeinschaft ist ein Werk Gottes, und nicht Werk des Menschen! Denn wir sind schließlich keine soziale Aggregation, sondern Sakrament der Trinität Liebe.“ Ohne das Gebet wird keine christliche Gemeinschaft sein.

Warum bietet unsere Gemeinschaft eine solche Verschiedenartigkeit des Gebetes an? Wir hören die Antwort direkt von  Pater Pancrazio: „Der Eucharistie nachfolgend praktizieren wir alle anderen Gebetsformen, wie zum Beispiel das Stundengebet, das Beten des Rosenkranzes, die eucharistische Anbetung mit der Meditation des Wortes Gottes, das Lobpreisgebet, in der Fastenzeit das Gebet des Kreuzweges usw. Man könnte meinen, das sei „ein bisschen von Allem“. Aber das ist nicht so. Der Grund liegt nicht in der Unfähigkeit, sich für eines zu entscheiden, sondern er beruht vielmehr auf einem klaren Entschluss: Ein jeder soll die für ihn richtige Dimension des Dialogs mit dem Geheimnis finden können“. Pater Pancrazio sagt deutlich, dass die Vielfalt des Gebetes für jedes Mitglied wichtig ist, weil jeder von uns unterschiedliche geistliche Sensibilitäten und einen persönlichen Zugang zum Geheimnis hat. Und nochmal hat Pater Pancrazio in einem Vortrag über das Gemeinschaftsgebet für die Leiter der Gemeinschaften erklärt, warum unser Gemeinschaftsgebet so vielfältig ist:

„Ich möchte damit anfangen , dass ich den großen Reichtum sowohl des Gemeinschaftsgebetes als auch des persönlichen Gebetes betone, das unsere Tradition anbietet. Wie ich immer gesagt habe, haben wir gewollt, dass man in der gehaltvollen Zeit des Gebets etwas von allem gab. […] Diese Verschiedenartigkeit unseres Gemeinschaftsgebets drückt eigentlich einen großen Schatz aus, der allen, nicht nur Brüdern und Schwestern, sondern auch Freunden und Gästen einen entsprechenden Raum der Sensibilität von jedem finden lässt. Das ist wie eine geschickte reich gedeckte Tafel mit dem ersten Gang von Nudeln und von Reis, Gemüse Fleisch und Wurstwaren, Fisch und Hülsenfrüchte, Obst Käse und Kuchen. Also – nicht mehr als nötig, aber so vielfältig, damit jeder sich angemessen ausgewogen und köstlich nach der Notwendigkeit des Augenblicks ernähren kann. Es gibt solche, die mehr Calcium brauchen, andere benötigen Vitamine, jemand anders Eisen… Deutlich bemerken wir, dass der Reichtum unseres Gebetes all Herzen reichlich nährt. Denn diese Formen stillen die Bedürfnisse der verschiedenen Augenblicke des geistlichen Wegs von jedem“.
(III Treffen der Leiter (Oberer) und der Vikare und Vikarinnen, Terlizzi 19. – 23. November 2007)

3.    Die verschiedenen Formen des Gebetes in der FGB

„Unser Institut hat eine Gemeinschaftsgebetszeit, die sich über den ganzen Tag ausbreitet und die alle Formen des christlichen Gebetes einschließt. Höhepunkt und Mitte unseres Gebetes ist gewiss die Eucharistiefeier, welche schlechthin die Gebetsform der Begegnung mit Gott ist. Der Eucharistie nachfolgend praktizieren wir all die anderen Gebetsformen, wie zum Beispiel das Stundengebet, das Beten des Rosenkranzes, die eucharistische Anbetung mit der Meditation des Wortes Gottes, das Lobpreisgebet, in der Fastenzeit das Gebet des Kreuzweges usw.“

Ich werde ganz kurz diese verschiedenen Gebetsformen präsentieren, vor allem die Liturgie. Was meine ich mit dem Begriff Liturgie? (Liturgie: griechisch λειτουργία leiturgía – öffentlicher Dienst‘, ‚öffentliches Werk‘) Die Liturgie ist die Feier des Werks der Erlösung der Menschen und der vollendeten Verherrlichung Gottes, dessen Vorspiel die göttlichen Machterweise am Volk des Alten Bundes waren, und welches Christus, der Herr, erfüllt hat, besonders durch das Pascha­-Mysterium: sein seliges Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche Himmelfahrt. In diesem Mysterium „hat er durch sein Sterben unseren Tod vernichtet und durch sein Auferstehen das Leben neugeschaffen“. Denn aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus ist das wunderbare Geheimnis der ganzen Kirche hervorgegangen“. Wie das Konzil betont, ist die Liturgie ein göttliches und menschliches Werk, in dem wir durch Jesus unsere Erlösung feiern und immer wieder erfahren können.

Sie ist, wie es im Konzil heißt: „Dennoch ist die Liturgie der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt. Denn die apostolische Arbeit ist daraufhin geordnet, daß alle, durch Glauben und Taufe Kinder Gottes geworden, sich versammeln, inmitten der Kirche Gott loben, am Opfer teilnehmen und das Herrenmahl genießen.“ (SC 10)

Als höherer Teil der Liturgie gilt natürlich die Eucharistiefeier, die das Geheimnis des Todes und der Auferstehung Jesu feiert und die Kirche in seiner Gemeinschaft errichtet. Nämlich schreibt noch das Konzil: „Andererseits treibt die Liturgie die Gläubigen an, daß sie, mit den österlichen Geheimnissen gesättigt, in Liebe eines Herzens sind“ (SC 10). Warum feiern wir täglich die Heilige Messe? Nicht nur wegen unseres persönlichen, (gar privaten) Vorteils, sondern weil wir durch Christus und die Tat des Heiligen Geistes eine einzige Gemeinschaft der Gläubigen errichten. Diese Gemeinschaftsdimension überzeugt die Personen unserer Zeit, dass die Kirche durch die gegenseitige Liebe in seiner Botschaft glaubwürdig ist. Liebe Brüder und Schwestern, wir sollen mit den inneren Zwistigkeiten innerhalb der Kirche aufhören. Wenn wir nicht nach der Liebe eines Herzens streben, wird eine neue Evangelisierung nie beginnen und stattfinden, weil wir nicht glaubwürdig sind. Glaubt mir bitte! Nord-Europa benötigt dringend eine neue Evangelisierung, sonst wird Europa in Stücke gehen und im Dunkeln enden. Verzeiht mir bitte.

Ich möchte jetzt wieder Pater Pancrazio zitieren, wenn er über die Kraft der Heiligen Messe spricht: „Das Gemeinschaftsgebet ist ein bevorzugter Augenblick. Es ist genau genommen in diesen allen enthalten, besonders aber in der Gemeinschaftsmesse, zu der sich alle Mitglieder der Fraternità versammeln, um gemeinsam Eucharistie zu feiern, so dass die Gemeinschaft errichtet wird. Denn die Gemeinschaft ist ein Werk Gottes, und nicht Werk des Menschen! Denn wir sind schließlich keine soziale Aggregation, sondern Sakrament der Trinität Liebe.“

Die zweite liturgische Aktion ist das Stundengebet, das wir immer mit dem Volk feiern, weil das Stundengebet nach dem Konzil reformiert würde, damit alle Gläubigen daran teilnehmen konnten.

Wir lesen in der Apostolischen Konstitution über die Erneuerung des Stundengebets:
„Das öffentliche und gemeinsame Gebet des Volkes Gottes gilt mit Recht als eine der Hauptaufgaben der Kirche. Von Anfang an hielten darum die Getauften „an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten“ (Apg. 2,42). Die Apostelgeschichte bezeugt an mehreren Stellen das einmütige Beten der Christengemeinde. Urkirchliche Quellen bezeugen, daß auch die einzelnen Gläubigen bestimmte Stunden dem Gebet widmeten. Bald wurde es in verschiedenen Gemeinden üblich, besondere Stunden für das gemeinsame Gebet zu bestimmen, so die letzte Stunde des Tages, wenn es Abend wurde und man das Licht anzündete, oder die erste, wenn das heraufdämmernde Tageslicht die Nacht beendete. Im Laufe der Zeit wurden auch verschiedene andere Stunden durch gemeinsames Gebet geheiligt, auf die nach Auffassung der Väter die Apostelgeschichte hinweist. Denn dort findet man die Jünger zur dritten Stunde versammelt.“ (Allgemeine Einführung in das Stundengebet, n.1)

Warum sind alle Christen aufgefordert, das Stundengebet zu beten? Der Grund liegt hierin, weil diese Form der Liturgie der Heiligung des Tages dient. Insbesondere Laudes und Vesper erhalten größte Bedeutung, denn sie sind das eigentliche Morgen- und Abendgebet. Das Stundengebet hilft uns zu fokussieren, dass Gott sich uns durch Jesus Christus als Dreifaltigkeit geoffenbart hat. Wir erinnern uns jedes Mal daran, dass Gott mit uns als Volk einen Bund der Liebe und der Erlösung geschlossen hat. Das Stundengebet hilft uns, die Zeit als Heilsgeschichte zu erleben. Die Zeit wird nach Jesus orientiert. Wenn wir das Stundengebet verrichten, beten wir mit Jesus den Vater an. In der Kirche betet Jesus zum Vater als Haupt und wir als Leib Christi. Die Texte, die wir beim Stundengebet sprechen, sind kein menschliches Gebet sondern sie sind direkt von Gott inspiriert. D.h. die Psalmen wurden von Gott inspiriert und von Jesus jeden Tag gebetet.

Die FGB als Ordensinstitut hat die höchste Aufgabe von der Kirche erhalten. Wenn die Gemeinschaft das Stundengebet feiert, bringen wir die Heilsgeschichte in Erinnerung, die Gott in unserem Leben gewirkt hat. Gleichzeitig verkünden wir als betende Gemeinschaft denen, die an unserem Stundengebet teilnehmen, die großen Taten des Herrn und laden sie ein, sich mit uns über die Wundertaten Gottes zu freuen, die Jesus jeden Tag in unserem Leben wirkt. (R. Fusco, LH FFB p. 2 3)

Jeder von euch, der an unserem Stundengebet teilnimmt und somit an diesem Geheimnis der Erlösung und der Liebe der Dreifaltigkeit Vater-Sohn-Heiligen Geist teilhat, wird an dieser Erfahrung Gottes seine Freude haben.

Besondere Aufgabe der Ordensleute (der FGB) ist es, damit die betende Dimension der Kirche zu zeigen, so dass das Gottesvolk die Schönheit und die Bedeutung des Gebets für das christliche Leben entdecken kann.

Bevor wir über die anderen Gebetsformen sprechen, möchte ich eine grundlegende Erklärung geben, was für die Kirche und für uns Frömmigkeit als geistliche Haltung ist. Ich zitiere Pater Pancrazio: „Siehe, das ist der Kern unserer Frömmigkeit: Jesus zu kennen, der die Liebe ist. Daher werden wir leben, um ihn zu lieben und unsere Brüder, die von ihm unendlich geliebt werden.“ (III Treffen der Leiter (Oberer) und der Vikare und Vikarinnen, Terlizzi 19. – 23. November 2007).

Liebe Brüder und Schwestern, unsere Frömmigkeit und unsere Andachten dienen uns, damit wir in der Liebe zu Jesus und zu unseren Brüdern und Schwestern wachsen, sonst sollen wir uns selbst prüfen, warum und insbesondere wie wir beten.

Ich möchte euch nun die Eucharistische Anbetung vorstellen. „Wenn der Mensch Gott gegenüber ist und seine Präsenz spürt, erfasst er, dass das Transzendente da ist. Das erste Gefühl als Reaktion des Herzens ist die Anbetung. Wie ist die Einstellung der Anbetung? Man wirft sich zu Boden mit der Vorderseite nach unten und betet an. Als wir nach Palästina gewallfahrt sind, haben wir einen Muslimen gesehen, der sich, nach Mekka gewandt, mit einem kleinen Teppich niederkniet, sich bis auf den Boden beugt und dieses Tun mehrmals wiederholt und sagt: „Allah uaakbar! Nur Gott ist groß! Nur Gott ist mächtig!“ Das ist selbstverständlich. Der Gläubige ist in religiöser Beziehung gegenüber der Ehre Gottes und nimmt sie wahr wie ein Gewicht. Das ist das Gewicht der göttlichen Existenz, ihrer Anwesenheit, ihrer Majestät. Also verneige ich mich tief. Nicht nur der Leib verneigt sich, sondern auch der ganze Mensch in seiner Freiheit. Also, die Anbetung entspringt aus einer einfachen Intuition: Gott ist einfach groß, und der Mensch ist einfach klein: Gott ist Gott und der Mensch ist der Mensch. Wenn wir den Menschen mit dem Wurm vergleichen, ist der Unterschied klein. Sie sind beide Geschöpfe, wenn auch der Mensch als Person ein Abbild Gottes ist und der Wurm nicht. Wenn Gott (im Gegenteil) dem Menschen gegenüber ist: Gott ist unendlich, der Schöpfer. Der Mensch ist ein Geschöpf. Es gibt einen großen Unterschied. Jedoch ist es schön, diese Distanz zwischen Gott und dem Menschen wahrzunehmen und in der Anbetung in die Tat umzusetzen, in lebendiger Erfahrung zu verwirklichen.

Eigentlich ist die Anbetung die tiefere menschliche Erfahrung. Der Mensch braucht das, Gott anzubeten. Er ist der Grund seines Lebens. Der Mensch lebt, weil der Schöpfer sein Geschöpf liebt.

Es gibt kein Mittel oder Schema für eine gute Anbetung. Man braucht sich nur von dem Geheimnis, das wir betrachten, in Erstaunen versetzen zu lassen. Wenn Gott präsent in der Liturgie ist, soll alles still sein. Alles soll verschwinden.“ (III Treffen der Leiter (Oberer) und der Vikare und Vikarinnen, Terlizzi 19. – 23. November 2007)

Jetzt möchte ich euch das Gebet des Rosenkranzes als unsere grundlegende marianische Verehrung präsentieren.

„Wie der Hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort schreibt: wir begegnen in Maria der sichersten und besseren Hauptstraße, um zu Jesus zu kommen. […] der Rosenkranz ist ein außerordentliches reichhaltiges Gebet, weil er uns mit dem Herzen unserer himmlischen Mutter übereinstimmen lässt. Der Rosenkranz führt uns ein in die Betrachtung des Menschen Jesu.“ (III Treffen der Leiter (Oberer) und der Vikare und Vikarinnen, Terlizzi 19. – 23. November 2007)

Ja liebe Brüder und Schwestern, der Rosenkranz ist zwar anscheinend ein einfaches Wiederholungsgebet, aber im Kern eine Schule der Betrachtung der verschiedenen Geheimnisse des Lebens Jesu. Diese Betrachtung leitet uns, unserem Erlöser Jesus immer ähnlicher zu werden.

Der Lobpreis ist für uns ganz wichtig. Man könnte sagen, dass der Lobpreis im Heiligen Geist wie die Quelle unseres Charismas ist. Denn die Gemeinschaft ist in den Siebziger-Jahren von einer Gruppe gegründet worden, die sich wöchentlich getroffen hat, um den Lobpreis zu beten.

Pater Pancrazio schreibt über dieses Gebet: „Unsere Gruppe (des Lobpreises) ist marianisch geprägt. […] Deswegen fangen wir unseren Lobpreis mit dem Rosenkranz an. In diesem Sinn sind wir folgerichtig mit Pfingsten. Wir sollen nicht vergessen: Pfingsten ist mit der Präsenz Marias und der Apostel geschehen. Also fragen wir uns: Wie tritt Maria in unseren Abendmahlssaal ein? Wir rufen sie. Wir beten zu ihr. Wir beten zu Maria den Rosenkranz, der ein biblisches Gebet ist. Dann tritt sie in unseren Abendmahlssaal ein. […] Die Madonna, die Muttergottes, ist die, die mit ihrem Gebet den Heiligen Geist im Voraus herabrufen lässt, weil sie die Gnaden antizipieren lässt.“

Wie soll der Lobpreis sein? „Wir sollen ein lebendiger Lobpreis sein. Unser ganzes Leben soll ein Lob Gottes sein. Unser Gebet sollte immer ein Lobpreis zu Gott sein. […] Das spontane Gebet ist so einfach, dass es erschwinglich für alle ist. Der Lobpreis sollte uns helfen, spontaner in unserem Gebet zu sein, oder besser gesagt: näher zu Gott zu kommen. Dieses Gebet sollte aus unserem Alltag entnommen werden. […] Der Lobpreis (im Text: das Gebet) ist eine reine Tat der Liebe. Kurze Gebete, die aus dem Herzen strömen. Zum Beispiel: Jesus ich liebe dich! Jesus ich vertraue auf dich!“ (III Treffen der Leiter (Oberer) und der Vikare und Vikarinnen, Terlizzi 19. – 23. November 2007)

Der zentrale Punkt des Lobpreises ist das Herabrufen des Heiligen Geistes durch ein Lied. Das Lied wird normalerweise zum Ende ein spontanes Jubellied, wo wir unter dem Einfluss des Heiligen Geistes in verschiedene Melodien und Töne gelangen, die fast wie eine Sprache anmuten. Das ist, was Augustinus schreibt:

„Siehe, er selbst gibt dir so etwas wie die Weise des Singens: Such keine Worte, als könntest du erklären, worüber Gott sich freut. Singe mit Jubel! Denn das heißt, gut für Gott singen: Singen mit Jubel! Was ist das: Singen mit Jubel? Innewerden, dass es unmöglich ist, in Worten auszusprechen, was das Herz singt! Wenn Menschen bei der Ernte singen, im Weinberg oder bei irgendeinem tief bewegenden Tun, und wenn sie dann anfangen, mit den Worten der Lieder vor Freude zu jubeln, dann sind sie wie voll von Freude und können ihren Jubel nicht in Worte fassen. Dann verzichten sie auf die Silben und Worte und gehen über zum Jubeln in Tönen. Der Ton des Jubilierens macht offenbar, dass das Herz gebiert, was es nicht aussprechen kann. Wem aber gebührt dieser Jubel mehr als dem unaussprechlichen Gott? Denn er ist unaussprechlich, weil du ihn in Worten nicht aussagen kannst. Kannst du ihn aber nicht aussagen und darfst du ihn doch nicht verschweigen, was bleibt dir dann übrig als zu jubeln? Das Herz freue sich also ohne Worte, und die ungemessene Weite der Freude soll an Silben keine Schranken finden: „Schön singt ihm in Jubel!”(Augustinus, Aus einer Auslegung zu Psalm 33 (32))

Dann schlagen wir die Bibel auf und lesen, was der Heilige Geist uns geschenkt hat. Alle Teilnehmer beten spontan über diesen biblischen Abschnitt. Der Lobpreis hat den Vorzug, die Kraft des Heiligen Geistes in das Leben der Gläubigen zu bringen und sie das geistliche Leben in Christus immer mehr erfahren zu lassen.

Ich möchte am Schluss der Katechese über unser Nachtwachegebet sprechen. Das ist unser letztes Thema aber nicht das unwichtigste (?).

Heutzutage ist die Frage von den Leuten immer die gleiche: Warum und wozu betet ihr in der Nacht?

Weil Jesus vor allem in der Nacht gebetet hat! Im Weiteren: In der Nacht beten wenige Menschen in der Welt und insbesondere hier in unserem Europa, im Abendland. Das Gebet in der Nacht ist ein Gebet der Liebe. Wir wollen bei Jesus sein und ihn anbeten, wenn viele Sünden und Delikte in der Finsternis begangen werden. Wir beten in der Nacht für die Kirche, aber besonders für den Papst.

Unser Gründer hat schon erklärt, dass dieses Nachtgebet in hohem Maße wichtig für unsere Gemeinschaft ist. Wir hören ihm zu: „Insbesondere, das habe ich schon oft gesagt, wenn wir sehen möchten unseren Institut auszusterben, nehmen wir das Nachtgebet weg und das wäre geschafft, wie es bei den anderen Orden geschehen ist.

4.    Unsere Gebete im Tagesablauf und der Sinn der Teilnahme der Laien an unseren Gebeten

Als Gemeinschaft beten wir gemeinsam fast fünf Stunden im gesamten Tag. Ich stelle euch jetzt den Tagesablauf vor.

Jeden Vormittag treffen wir uns um 7 Uhr 25 in der Kirche. Wir beginnen mit einem schönen und alten Hymnus zum Heiligen Geist, um in unserem Leben von ihm geleitet werden zu können. Danach spricht die Gemeinschaft das Gebet des „Angelus“, damit wir wie Maria das Verbum (den Sohn Gottes) in unserem Leben geistlich empfangen können. Sofort nach diesem Gebet beginnen wir den Rosenkranz.
Um 8 Uhr am Montag, Dienstag, Samstag feiert die Gemeinschaft die Heilige Messe. Danach beten wir die Laudes, die Weihe an die Mutter Gottes und das Friedensgebet. Anschließend gehen wir frühstücken. Danach beginnt die Zeit der Arbeit. Um 12 Uhr 45 treffen wir uns in der Chorkapelle, um die Sext zu beten. Um 18 Uhr beten wir die Vesper, und um 18.30 Uhr am Mittwoch, am Freitag und am Donnerstag um 19 Uhr feiern wir die Heilige Messe. Am Schluss des Tages um 21 Uhr 30 beten wir den Rosenkranz und die Komplet.
Sonntags, mittwochs und freitags stehen wir um 3 Uhr in der Nacht für eine Stunde auf, um die Eucharistische Anbetung zu beten. Während der Nachtwache beten wir die Lesehore und einen Rosenkranz.
Donnerstags beginnen wir um 17 Uhr 30 mit der Vesper, dem Rosenkranz und dem Lobpreis. Freitags um 17 Uhr 30 findet die Eucharistische Anbetung statt.
Sonntags feiern wir die Heilige Messe um 10 Uhr 30, und um 18 Uhr beten wir den Rosenkranz und die Vesper.

Liebe Brüder und Schwestern,

In dieser Katechese habe ich versucht, euch den Schatz unseres Gebetslebens zu zeigen und zu erklären, oft direkt mit den Worten unseres Pater Pancrazio. Das ist für euch und für alle eine Chance. Alle Aspekte unseres Gebets-Lebens und unsere Gebetszeiten stehen euch zur Verfügung. Der große Vorteil ist, dass hier eine Gemeinschaft lebt, die nicht für sich selbst betet. Die Franziskanische Gemeinschaft von Betanien ist hier für die Kirche und insbesondere für euch alle, die zu uns kommen können und mit uns gemeinsam aus der Quelle der Liebe Gottes schöpfen können.

Ich lade euch alle ein, an unseren Gebetszeiten teilzunehmen. Das ist ein Reichtum für alle, die auf der Suche nach Gott sind.