K640_CIMG8100„Höre Israel!“ Diese Aufforderung begleitet die Glaubenden in der Bibel von Anfang an. „Höre!“ Das zieht sich wie ein Cantus firmus durch die jüdisch-christliche Glaubensgeschichte. Immer wieder werden die Glaubenden ermutigt, gedrängt, eingeladen, hinzuhören. Gemeinschaftlich wie im Buch Deuteronomium: „Höre Israel.“ (Dtn 6,4) Persönlich wie beim jungen Samuel, der erst nach und nach versteht, was Gott mit ihm vorhat: „Rede, Herr, denn dein Diener hört.“(1 Sam 3,9) Immer wieder gibt es die Erfahrung der Taubheit – „Sie haben Ohren und hören nicht!“ (Ps 115,6) – und die fast flehentliche Bitte Gottes: „Hört auf mich, ihr vom Haus Jakob.“ (Jes 46,3); „Horcht auf, hört auf meine Stimme, gebt acht!“ (Jes 28,23) „Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen.“ (Jes 55,2). Jesus stimmt in dieses Werben ein. Immer wieder bittet er um Gehör, ermutigt zum Horchen – „Habt ihr denn keine Ohren, um zu hören?“ (Mk 8,18) „Wer Ohren hat, der höre!“ (Mt 13,9) – und erleidet das Missverstehen seiner Freunde und das Unverständnis seiner Gegner.

Wir können hören – und hören doch nicht. Von Kindesbeinen an, schon im Mutterleib, nehmen wir akustische Signale wahr, hören Töne, Stimmen. Wir lernen sprechen, weil wir Angesprochene sind. Wir werden mündig, weil wir vernommen haben, wie andere uns anreden. Doch im Hören erfahren wir eben nicht nur das Glück des Angesprochen-Seins, der zärtlichen Worte, der freundlichen Ermutigung, sondern hören abschätzige Bemerkungen, dahingesagte Kränkungen, falsche Schmeicheleien. An unsere Ohren (und Herzen) dringen eine Fülle von Informationen und widersprüchliche Töne. Wer kennt nicht den Wunsch, abzuschalten und wegzuhören? Wer kennt nicht die Erfahrung, in einem Gespräch mehr mit dem Formulieren eigener Antworten denn mit dem wirklichen Zuhören auf den Anderen beschäftigt zu sein?“
Quelle: Siegfried Kleymann auf: www.klosterstudio.de 

Hören und Sprechen sind Teil der Kommunikation und Interaktion zwischen Menschen und stiften Beziehung. Ähnlich ist es bei der Kommunikation zwischen Gott und Mensch. Spricht der Mensch mit Gott, nennen wir das ,,Gebet“ oder ,,Beten“. Die Formen des Betens sind vielfältig, und die Haltungen, die wir dabei einnehmen, sind teilweise zugeordnet oder aber auch individuell, kulturell und in Abhängigkeit der Religionszugehörigkeit verschieden und Ausdruck unserer inneren Haltung und Empfindung.
Wie aber steht es mit dem Hören? Hören und verstehen wir Seine Antwort, erreicht sie unser Herz und welche äußere und innere Haltung nehmen wir dabei ein?

Der Hörende-2

Toni Zenz: Der Hörende (1958), Foto: Peter Wallmann

Um uns dem ,,reinen“ Hören zu nähern, möchte ich Sie einladen, die Skulptur ,,Der Hörende“ von dem Kölner Bildhauer Toni Zenz zu betrachten. 

Welchen Eindruck, welche Empfindungen erweckt die Skulptur bei Ihnen?
Versuchen Sie nun, Ihre persönliche Haltung des ,,Hörens“ einzunehmen,
danach die des ,,Hörenden“ von Toni Zens.
Gibt es Gemeinsamkeiten – Unterschiede?
Experimentieren Sie damit
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Zum Abschluss ein Text von Sören Kierkegaard:

,,Als mein Beten immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich ein noch größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer.
Ich meinte erst, Beten sei Reden, ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich selbst reden hören; beten heißt, still werden und warten, bis der Betende Gott hört.“
Quelle: www.beten-gott-finden.at

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Christiane Löh

Franziskanische Gemeinschaft von Betanien Aschaffenburg